JOCHEN BIGANZOLI   REGISSEUR

(...) Über vier Stunden hinweg gelingt es Biganzoli so beeindruckend wie abwechslungsreich, das eigentlich abstrakte, unzugängliche Thema bühnentauglich zu machen. Ganz stark auch eine blutige Kriegsszene, in der die Soldateska aus dem Bühnenhimmel herabschwebt und rote Konfettikanonen zündet. Bauernkrieg, Luther und Reformation: Es war eine Zeit, in der Künstler gefährlich lebten, vor allem solche, die sich mit dem Volk solidarisch erklärten. (...) Ein herausragender Abend an der Semperoper und in Dresden geradezu ein Fanal, also ein Leuchtfeuer für die soziale Verantwortung jeder Art von Kunst. (...)

Peter Jungblut, BR KLASSIK


(...) Wie weit darf Kunst gehen? Ein gesellschaftlicher Diskurs auf der Semperopernbühne, ein theatralisch sinnliches Ereignis mit tollen Bildern. Mathis der Maler im Heute. Das Premierenpublikum applaudierte begeistert. 

Jens Daniel Schubert, SÄCHSISCHE ZEITUNG


(...) In einer regelrechten Revue der Assoziationen des Ränkespiels der Mächtigen, mörderischer Ausschreitungen des Widerstandes, der persönlichkeitsentmachtenden Mechanismen des Marktes oder der hammerharten Gesetze eines pervertierten Kunstmarktes, die selbst vor dem Gekreuzigten nicht halt machen, lässt Biganzoli in opulenten Bildern die Zeiten des Deutschen Bauernkrieges, der Reformation und der Gegenreformation, in denen das Werk spielt, in Konfrontation mit Bildern gegenwärtiger Auseinandersetzungen wie eine Abfolge erschreckender Erinnerungen mit ihren noch erschreckenderen Gegenwartsbezügen auf den Zuschauer zukommen. Die Bilder auf der von riesigen Staffeleien in weiß oder schwarz umrahmten Bühne von Andreas Wilkens im kunstvoll eingesetzten Licht von Fabio Antoci durchbrechen immer wieder, wenn nötig auch brutal, die sogenannte vierte Wand. Massige und massive, von Silvia Zygouris choreografierte Chorszenen entsprechen den Klangmassen des Komponisten. Der Staatsopernchor in der Einstudierung von Jörn Hinnerk Andresen wird immer wieder zum Hauptakteur. (...)

Boris Gruhl, DRESDNER NEUE NACHRICHTEN


(...) Der Mob rast, die Elite glänzt: Jochen Biganzoli – das ist keinesfalls negativ gemeint – reiht in seiner Inszenierung Hotspots aneinander. Es gibt Einblicke mit Positionierungszündstoff zu Eigenengagement, Politik und Personality – fast wie in aspekte und auslandsjournal. Mit Zitaten und Repros der Kunstikonen Robert Longo, Roy Lichtenstein, Ernst Ludwig Kirchner und Claude Monet gleitet der Maler Mathis durch alle Perfidien des Zeitalters. Die berühmte Vision im sechsten Bild beginnt vor leerer Leinwand, der Isenheimer Altar wird zum Blockbuster der Reichen und Schönen. Da bringt Biganzoli die visionäre Verstiegenheit der Schöpfungs- und Trostsinfonie zum Implodieren. Der lyrisch-kräftige Sopran Emily Dorn legt den Grund, wenn Reginas großer Trauerausbruch um ihren toten Vater, den Bauernführer Schwalb, im hysterisch-verzweifelten Erstarren strandet. Die Traumata sind da längst passiert: Biganzoli spiegelt Paris, wenn der Mob des frühen 21. Jahrhunderts vor einem Claude Monet tobt. Nach nur vier Schusssalven ist es aus mit der schwarzen Masse, die gruppenweise zusammenstürzt. Einfache Mittel, große Wirkung. (...)

Roland H. Dippel, concerti.de